Mustafa Raschid Pascha
  Mustafa Raschid Pascha

Aussprache:
arabisch:
مصطفى رشيد باشا
persisch:
englisch:
Mustafa Reşid Pasha

13.3.1800 - 7.1.1858

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Mustafa Raschid Pascha, bekannt als Kodscha Mustafa Raschid Pascha (Koca Mustafa Reşid Paşa (wörtlich Mustafa Raschid Pascha der Große) war mehrfach Großwesir der Osmanen und gilt als Hauptarchitekt hinter den als Tanzimat bekannten Umbaumaßnahmen des Osmanischen Reichs, die den Untergang beschleunigten.

Mustafa Raschid wurde am 13. März 1800 in Istanbul geboren. Sein Vater, Mustafa Efendi, arbeitete als Beamter, starb jedoch, als Mustafa Raschid erst zehn Jahre alt war. Mustafa hatte eine Madrasa besucht, in der Hoffnung auf eine spätere Führungsrolle. Als sein Vater starb, musste er seine Ausbildung beenden, um bei seinem Onkel Ispartalı Ali Pascha zu leben, der zu dieser Zeit ein Hofkammerherr unter Mahmut II. war. Mustafa Raschid konnte an einer Schreibanstalt des Hofs studieren. Als Ispartalı Ali Pascha 1816 zum Gouverneur von Morea Eyalet im Süden Griechenlands befördert wurde, reiste Raschid mit ihm und lernte als 16-jähriger Diplomatische Umgangsformen.

Während des griechischen Unabhängigkeitskrieges zwischen 1820 und 1822, der während der zweiten Amtszeit seines Onkels als Gouverneur von Morea stattfand und Griechenland von großen europäischen Ländern unterstützt wurde, fungierte Mustafa Raschid als Siegelträger für den Großwesir und für den Oberbefehlshaber Seyyid Ali Pascha. Während des Krieges bemerkte Mustafa Raschid die Rückständigkeit der osmanischen Armee und Bürokratie. Gleichzeitig wuchs seine Verehrung für die europäischen Mächte.

Nach der Niederlage und Flucht bekam er eine Anstellung in der Hohen Pforte und arbeitete als Angestellter unter dem Außenminister. Er fand schnell den Respekt und das Lob seiner Vorgesetzten und stieg auf. Während des russisch-türkischen Krieges (1828–29) sandte Raschid Berichte über den Krieg zur Hohen Pforte. Seine gute Arbeit während des Krieges erregte die Aufmerksamkeit von Mahmut II. der Raschid in das Büro seiner Staatsekretäre (Amedi Odasi) beförderte, wo er als Sekretariat für eingehende Korrespondenz arbeitete. Bei Kriegsende wurde Mustafa Rascid 1829 zum Leiter der osmanischen Delegation bei den Friedensgesprächen in Edirne ernannt.

Während dieser Zeit wurde er ein Anhänger von Ethem Pertev Pascha, seinem Vorgesetzten im Büro für eingehende Korrespondenz. Ethem Pertev Pascha war Anhänger der Westlichen Welt und pflegte eine starke pro-britische Politik und Beziehung zum britischen Botschafter Lord Ponsonby. Mustafa Raschid hat Ethem Pertev Pascha auch während der Verhandlungen in Ägypten mit dem abtrünnigen Muhammad Ali Pascha begleiten. Muhammad Ali Pascha nahm Mustafa Raschids Fähigkeiten als Diplomat und Schreiber zur Kenntnis und bot dem jungen Bürokraten eine hohe Position unter der ägyptischen Verwaltung an, aber Mustafa Raschid lehnte das Angebot ab. Seine Vertrautheit mit ägyptischen Angelegenheiten brachte ihn dazu, mit Muhammad Alis Sohn Ibrahim Pascha zu sprechen.

Mustafa Raschid wurde erstmals 1834 nach Paris geschickt, um Algerien aus der jüngsten französischen Besetzung zurückzuerhalten. Obwohl er letztendlich scheiterte, blieb er als ständiger Botschafter in Paris, bis er 1836 nach London versetzt wurde. Dort baute er enge Beziehungen zur britischen Regierung auf, insbesondere zum Londoner Diplomaten Ponsonby, zu dem auch sein Mentor Ethem Pertev Pascha enge Beziehungen unterhielt. Sein größter Erfolg während seiner Amtszeit als Botschafter war die Unterstützung der britischen Regierung für den Sultan gegen Muhammad Ali Pascha in Ägypten. Nachdem Mustafa Raschid 1838 n.Chr. zum Außenminister ernannt worden war und den Titel eines Paschas erhalten hatte, kehrte er erneut nach London zurück, um ein Verteidigungsbündnis gegen Muhammad Ali Pascha zu bilden. Die Gespräche führten zu nichts.

Mustafa Raschid Pascha konnte am 16. August 1838, den Vertrag von Balta Liman Vertrag aushandeln, der aber letztendlich die Ausbeutung der Osmanen erleichtert hat. Als einer der größten und vielseitigsten Staatsmänner seiner Zeit, der mit der europäischen Politik bestens vertraut war galt er auch als Anhänger des westlichen Lebensstils. Zudem war er mit nationalen und internationalen Angelegenheiten vertraut. Seine Bemühungen, Reformen innerhalb der Regierung zu fördern, führten dazu, dass viele andere Reformer wie z.B. Mehmet Fuad Pascha Karriere machten.

In 1840 folgte sein Einsatz währen der Orientalischen Krise, wobei er einige Übereinkünfte erzielen konnte, die aber den Zerfall des Osmanischen Reichs nicht aufhalten konnten. Im Anschluss wurde er als Außenminister abgesetzt und kehrte 1841 als Botschafter zurück nach Paris, wo er bis 1845 blieb. Dort verhandelte er intensiv über eine Zukunft des Libanon, wobei die Franzosen allerdings fast alle ihre Teilungs- und Spaltungspläne durchsetzen konnten.

Zu Beginn des Jahres 1853 hatte Mustafa Raschid kein politisches Amt inne. In den Jahren 1852 bis 1853 nahmen die Spannungen zwischen Russland und Frankreich über Palästina zu. Die Russen versuchten über Mustafa Raschid Pascha einen Zugang zum Palast zu erhalten, bemerkten jedoch nicht, dass Raschid Pascha eng mit seinen britischen Beziehungen, insbesondere zu Botschafter Stratford, verbunden war und anti-russische Überzeugungen hatte. Nach der Vorlage der russischen Forderungen an die Hohe Pforte am 5. Mai 1853 und der anschließenden Ablehnung dieser Forderungen am 10. Mai gewann Mustafa Raschid seine Position als Außenminister zurück. Mustafa Raschid Pascha versuchte sofort, den russischen Diplomaten zur Übereinkunft zu überreden. Nach einer weiteren Verzögerung von fünf Tagen lehnte die Hohe Pforte am 15. Mai jegliche Vorschläge der russischen Seite zu Gegenseitigen Vereinbarungen ab, was zur Evakuierung der russischen Botschaft und zum Ende der russisch-osmanischen Diplomatie am 21. Mai führte.

Während dieser Zeit traf sich Mustafa Raschid Pascha mehrmals persönlich und schrieb gleichzeitig an den russischen Botschafter Menschikow und den Briten Stratford. In Menschikows Schriften beschrieb er Mustafa Raschid Pascha als fast verlegen, über die einstimmige Ablehnung des russischen Vorschlags zu sprechen, und gab den Russen auch einen türkischen Gegenvorschlag, zu dessen Vorlage er sich zu schämen schien, da er erklärte, er könne sie nicht überarbeiten. Auch nach Menschikow hatte Reşid eindeutig die Verhandlungen erneuern wollen, war aber von Lord Stratford anders beraten worden.

Ende Juli 1853 trafen sich Diplomaten der vier Großmächte Frankreich, Großbritannien, Österreich und Preußen in Wien und entwickelten eine eigene Lösung für die russisch-türkische Krise auf der Grundlage eines früheren französischen Vorschlags, der bereits vom Zaren angenommen worden war. Die Wiener Note, wie sie genannt wurde, wurde von den Regierungen aller vier neutralen Mächte und von Russland akzeptiert, stieß jedoch in der Hohen Pforte unter der Führung von Mustafa Raschid Pascha Gegenwehr.

Am 26. September hielt die Hohe Pforte nach den russischen Fortschritten auf dem Balkan eine zweitägige Konferenz ab, um eine Lösung für das russische Problem zu finden, sei es Krieg oder Diplomatie. Während viele der Beamten für den Krieg waren, warnte Mustafa Raschşid Pascha sie. Er warnte, dass der Staat nicht militärisch bereit sei, Russland in einem Krieg zu bekämpfen. Er fügte jedoch hinzu, dass es die Entscheidung der Hohen Pforte sei, obwohl die europäischen Mächte ihnen geraten hätten, keinen Krieg zu führen. Er bemerkte auch, dass die europäischen Mächte nicht gegen den Krieg sind, sondern überzeugend sein müssten, um ihre Streitkräfte zur Unterstützung des osmanischen Unternehmens einzusetzen. Auf die Frage nach den christlichen Untertanen und ihrer Loyalität antwortete Mustafa Raschid, dass Christen und Muslim interne Unterschiede hätten und sich nicht nur aufgrund ihrer Religion gegenseitig unterstützen würden. Obwohl er ursprünglich gegen den Krieg und für die Diplomatie gewesen zu sein schien, wird Mustafa Raschid am Ende der Treffen mit den Worten zitiert: "Es ist besser, mit Waffen in der Hand zu sterben, als mit gefesselten Händen zu sterben. Wenn Gott will, werden wir siegen."

England und Frankreich hatten Mustafa Raschid Pascha gewarnt, dass sie nicht hinter den Osmanen stehen würden, wenn sie den Krieg beginnen würden. Es scheint jedoch, dass Mustafa Raschid Paschas Argumente die anderen Beamten überzeugt hatten, und am Ende der Konferenz entwarf Mustafa Raschid Pascha eine Resolution zum Krieg, die am 30. September und 4. Oktober vom Sultan geschickt und akzeptiert wurde. Das Osmanische Reich erklärte Russland offiziell den Krieg um durch Russen eroberte Gebiete zurück zu gewinnen. 

Mustafa Raschid Pascha konzentrierte sich nunmehr auf die Diplomatie hinter dem Krieg. Er bemühte sich um europäische Unterstützung. Am 8. Oktober 1853, nur vier Tage nach der Kriegserklärung, bat er die britischen und französischen Botschafter um ihre Unterstützung in Form von Marineschiffen in der Straße von Dardanellen. Am 20. Oktober wurden die Anforderungen erfüllt und beide Flotten segelten zur Meerenge. Zwei Tage zuvor, am 18. Oktober, hatte Mustafa Raschid Pascha den osmanischen Streitkräften befohlen, mit den Kämpfen zu beginnen, die am 23. Oktober begannen. Nach einer Niederlage der osmanischen Marine in der Bucht von Sinop und Gerüchten über die Friedensverhandlungen von Mustafa Raschid Pascha begannen Studenten im Dezember in den Straßen Istanbuls zu rebellieren und zwangen Mustafa Raschid Pascha und viele seiner Anhänger, sich zu verstecken. Mustafa Raschid Pascha reichte sofort seinen Rücktritt ein, aber er wurde nicht akzeptiert. Die Rivalität von Mustafa Raschid Pascha mit einem seiner früheren Schützlinge, Mehmed Emin Ali, kam auch in dieser Zeit zum Tragen. Im Frühjahr 1854 nutzte Mustafa Raschid Pascha seine Position als Außenminister, um die osmanischen Seebewegungen mit Frankreich und Großbritannien zu koordinieren. Er konnte auch Großbritannien und Frankreich mit einem Militärbündnis im März 1854 offiziell in den Krieg ziehen. Im November dieses Jahres wurde er mit einer Ernennung zum Großwesir belohnt. Im Mai 1855, nur wenige Monate später, wurde er jedoch aus dem Amt entfernt, wodurch er aus dem Rest des Krieges und den darauf folgenden Friedensgesprächen ausgeschlossen wurde.

Mustafa Raschid Pascha wird eine führende Rolle bei der Urheberschaft des Dekrets zugeschrieben, mit dem die Tanzimat-Ära begann. Ihm ist auch die maßgebliche Beteiligung am Edikt von Gülhane zuzuschreiben.  Mustafa Raschid Pascha sandte am 11. August 1839, als er noch als Botschafter in London war, ein vertrauliches Memorandum an den damaligen britischen Botschafter Lord Palmerston, mit dem er eine enge Beziehung hatte. Das Memorandum war kein osmanisches Dokument, sondern nur die persönlichen Ansichten von Mustafa Raschid Pascha. Er sagte Lord Palmerston, dass eine Reform innerhalb der Hohen Pforteo dringend erforderlich sei nach dem Tod von Mahmut II. Und dem Aufstieg des jungen Abdülmecit I., der in die richtige Richtung geführt werden müsse, sei eine gute Voraussetzung für die Reformen. Aus der Schrift wird deutlich, dass Mustafa Raschid Pascha die naive Vorstellung hatte, die Engländer und Franzosen könnten sich für die territoriale Integrität des Osmanischen Reichs einsetzen. Offensichtlich war es sein Ziel das Osmanischen Reich zu retten, aber seine naiven und teils schwärmerischen Vorstellungen von der Westlichen Welt führten zur Beschleunigung des Zerfalls. Alle von der Westlichen Welt propagierten Änderungen fanden sich dann im Edikt von Gülhane wieder.

Mustafa Raschid Pascha gilt als Vater der Tanzimat-Reformen, die von 1839 mit der Lesung des Edikts von Gülhane bis 1876 und der Schaffung der Verfassung andauerten. Während dieser Zeit diente Mustafa Raschid Pascha sechsmal als Großwesir und mehrmals als Außenminister. Er schrieb damals: "Wir besitzen nicht die notwendige [militärische] Macht, um die territoriale Integrität unseres Staates aufrechtzuerhalten. Folglich ist es unsere [geografische] Position, die uns helfen wird, [diese Integrität] zu bewahren. [Um dies zu tun] müssen wir Aufbau einer guten Verwaltung umsetzen. Die ausländischen Staaten werden uns nicht in Frieden lassen. Alle Staaten streben danach, Konstantinopel zu besitzen, aber die Stadt ist unteilbar. Wenn wir nicht in der Lage sind, eine gute Verwaltung zu schaffen, werden die ausländischen Mächte eine gemeinsame Verwaltung [in Konstantinopel] einrichten ] auch ".

Mustafa Raschid Pascha strukturierte die neue Armee, die die Janitscharen nach ihrem Sturz 1826 abgelöst hatte, und benannte sie in Asakir-i Nizamiye-i Şihane um. Er schuf auch einen neuen Gerichtshof innerhalb des ebenfalls neu eingerichteten Handelsministeriums, von dem er hoffte, dass er den Außenhandel fördern würde. Das neue Gericht sollte Handelsstreitigkeiten beurteilen. Gleichzeitig schuf er ein neues Handelsgesetzbuch für Insolvenzen, Partnerschaften und Wechsel, das weitgehend auf französischen Vorbildern beruhte. Auf die kritische Befragung durch die Gelehrter [faqih] diesbezüglich antwortete er, dass der Islam keine Relevanz für diese Codes habe, was zu seiner sofortigen Amtsenthebung als Außenminister führte.

Er sorgte für die endgültige Abschaffung der Sklaverei und des Sklavenhandels innerhalb des Imperiums, was im Kerngebiet bereits seit Jahrhunderten verboten war. Mustafa Raschid Pascha bemühte sich auch um eine Verbesserung des Bildungssystems. 1846 gründete er das Meclis-i Maarif, ein Bildungskomitee, das den Einfluss der Gelehrten [faqih] auf die Bildung verringern und ein wesentliches säkulares Lernsystem schaffen sollte. Ab 1847 gründete die Hohe Pforte mehrere Mittelschulen sowie eine Schule für Lehrer. 1852 gründete er eine Akademie für Wissenschaften, Endjümen-i Daniş, die einer französischen Akademie nachempfunden war. Er bemühte sich auch um die Vereinfachung der türkischen Sprache. 1846 befahl Mustafa Raschid Pascha die Einrichtung eines Archivsystems in der erhabenen Pforte, genannt Hazine-yi Ewraq.

Mustafa Raschid Pascha heiratete zwei Mal zu Lebzeiten und hatte fünf Söhne, davon eine mit seiner ersten Frau und vier weitere mit der zweiten. Er starb an einem Infarkt am 7. Januar 1858 n.Chr. in Istanbul.

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