.Bücher
zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Steinigung ist eine jahrtausende alte Art der
Hinrichtung, deren Ursprünge sich sowohl im
Judentum als auch im
Christentum finden lässt. Der
Islam
hat so hohe Hürden für solch eine Verurteilung eingeführt,
dass es faktisch unmöglich ist, dass alle Voraussetzungen
erfüllt werden.
Im
Taurat, dem Alten Testament, wird die Steinigung für
zahlreiche Delikte aufgeführt, wie z.B. Gotteslästerung (3.
Mose 24,16), Götzendienst (z. B. 5. Mose 17,5),
Sabbatschändung (4. Mose 15, 35f.), Wahrsagerei (3. Mose
20,27), Ehebruch (Leviticus/Wajqra 20,10 und Deuteronomium/Debarijm
22,22) und Ungehorsam gegenüber den Eltern (5 Mose 21,21).
Damals wurde die Steinigung derart vollzogen, dass nach einem
entsprechenden richterlichen Beschluss die Steinigung vom Volk
ausgeführt wurde. Oft fanden Steinigungen aber auch aufgrund
von Gerüchten und Anschuldigungen ohne richterlichen Beschluss
vom aufgebrachten Volk statt.
Im talmudischen Judentum wird die Steinigung in der Mischna
(Traktat Sanhedrin 7,2 ff.) erörtert und weitestgehend auf
sexuelle Vergehen beschränkt.
Jesus
(a.) selbst hat gemäß Evangelien eine vor dem
aufgebrachten Volk flüchtende Ehebrecherin vor der Steinigung
gerettet, indem er eine weitere Hürde zur Ausführung der
Strafe setzte: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe zuerst den
Stein auf sie“ (Joh. 8,7). Allerdings finden auch zu jener
Zeit Steinigungen statt. Stephanus wird, vom Sanhedrin zum
Tode verurteilt, vor der Stadt gesteinigt (Apg 7,59) und gilt
als erster christlicher Märtyrer. Paulus wurde in Lystra vom
aufgebrachten Volk gesteinigt, überlebte jedoch (Apg 14,19).
In beiden Fällen spielte der Ehebruch kein Rolle.
Aus der Sicht des
Islam
kann die Verurteilung zur Steinigung ausschließlich im Fall
von
Unzucht [zina] von Personen erfolgen, die bereits
verheiratet waren oder sind.
Prophet Muhammad (s.) hat allerdings eine weitere kaum
erfüllbare Hürde aufgestellt, die in der Weiterentwicklung der
Hürde durch
Jesus
(a.) einerseits auf die Abscheulichkeit der
Unzucht [zina] - insbesondere von Erwachsenen, die
verheiratet waren oder sind - hinweisen soll aber andererseits
die praktische Umsetzung nahezu unmöglich macht. So müssen
vier männliche Zeugen unabhängig voneinander und in getrennten
Vernehmungen sämtliche Details ihrer Zeugenschaft aussagen und
diese dürfen sich nicht einmal im Detail von den Aussagen der
anderen drei unterscheiden, da man sonst wegen Verleumdung
bestraft wird. Zudem müssen die vier Zeugen selbst im Fall des
Schuldspruchs die ersten Steine werfen. Tun sie das nicht,
wird der Schuldspruch aufgehoben und alle vier wegen
Verleumdung bestraft. Diese weitere nahezu unüberwindliche
Hürde hat dazu geführt, dass die vormals verbreitete Praxis
der Steinigung immer weiter abnahm.
Die meisten heute noch in von Muslimen geprägten Ländern
erfolgenden Steinigungen werden von autoritären Regimes
ausgeführt, die selbst nicht im geringsten das
islamische Recht [scharia] achten.
Gemäß § 83 des Strafgesetzbuches der
Islamischen Republik Iran ist die Todesstrafe durch
Steinigung bei Ehebruch vorgeschrieben, wenn derjenige, der
Unzucht [zina] betrieben hat, bereits verheiratet war oder
ist. Der oberste
Richter [qadhi] des Landes
Seyyed
Mahmoud Haschemi Schahroudi hat allerdings in 2002
n.Chr. die Strafe ausgesetzt wegen Nichterfüllbarkeit der
Voraussetzungen. Dieser Ansatz verspricht bei praktizierenden
Muslimen der Region mehr Erfolg als modernistische
Ansätze, welche die Strafe unkommentiert abschaffen möchten.
Dem Beispiel
Jesu
(a.) folgend, wird die Strafe nicht abgeschafft, sondern
für nicht erfüllbar erklärt. Dadurch bleibt der Strafcharakter
zwar erhalten, aber die Strafe wird nicht mehr umgesetzt, was
der modernen und praktikablen Interpretation der
Verfahrensweise [sunna] entspricht.
Während die äußerlich-materielle Bedeutung der Steinigung
in den Vordergrund der Betrachtung gerückt ist, war es die
Absicht des
Islam,
sie in eine spirituelle Bedeutung zu überführen. So stellt die
"innere" Steinigung eine
Anstrengung [dschihad] gegen die unkontrollierten Gelüste
der Seele [nafs]
dar. Dieses wird unter anderem auch im
Bewerfen des Felsen bei der
Pilgerfahrt [hadsch] ausgedrückt.