Brief an Obama
Brief von Ahmed Yousef an den US-Präsidenten Barak Obama

3.6.2009

Seine Excellenz
Präsident Barak Obama,
Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika

3. Juni 2009

Sehr geehrter Herr Präsident,

Wir heißen Sie in der arabischen Welt willkommen, genau so die Initiative Ihrer Regierung, die Unterschiede zur arabisch-muslimischen Welt zu überbrücken.

Eine seit langem bestehende Quelle der Spannung zwischen den USA und diesem Teil der Welt brachte die Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes zum Scheitern.

Deshalb ist es bedauerlich, dass Sie bei Ihrem Besuch im Nahen Osten nicht den Gazastreifen besuchen und auch Ihr Außenminister George Mitchell nicht kam, um unsern Standpunkt zu hören.

Wir wurden in letzter Zeit von vielen Leuten mit sehr verschiedenem Hintergrund besucht: von Vertretern des US-Kongresses, EU-Parlamentariern, von der UN ernannten Goldstone-Kommission und von Grassroot-Delegationen wie die der US-Friedensgruppe CODEPINK.

Es wäre für Sie sehr wichtig, den Gazastreifen zu besuchen. Wir haben vor kurzem einen 22 Tage langen brutalen israelischen Angriff durchgemacht. Amnesty International beobachtete, dass der erlittene Tod (von Menschen) und die Zerstörung des Gazastreifens während der Invasion nicht ohne die aus den USA gelieferten Waffen und die US-Steuergelder hätte geschehen können.

Human Rights Watch ( HRW) hat dokumentiert, dass die Phosphorbomben, die Israel auf eine Schule, ein Krankenhaus, das UN-Vorratshaus und auf Wohnhäuser in Gaza abwarf, in den USA fabriziert wurden. HRW kam zu der Schlussfolgerung, dass Israels Anwendung von weißem Phosphor ein Kriegsverbrechen war.

Sollten Sie nicht aus erster Hand sehen, wie Israel Ihre Waffen gebrauchen und Ihr Geld ausgeben?

Bevor Sie Präsident wurden, waren Sie ein angesehener Professor der Rechte. Die US-Regierung hat auch gesagt, sie wolle auch die Rechtsstaatlichkeit in der arabisch-muslimischen Welt pflegen.

Der Internationale Gerichtshof erklärte im Juli 2004, dass die Westbank, der Gazastreifen und Ostjerusalem besetzte palästinensische Gebiete seien, die für palästinensische Selbstbestimmung festgelegt seien und dass die jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten illegal seien.

Keiner der 15 Richter, die in der höchsten juristischen Körperschaft der Welt sitzen, weichen von diesen Prinzipien ab.

Die Menschenrechtsorganisationen der Welt Amnesty international und Human Rights Watch haben Positionspapiere herausgegeben, die die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge und eine Kompensation unterstützen.

In der Vollversammlung der Vereinten Nationen unterstützt jedes Jahr fast jedes Land der Welt diese Prinzipien, um den israelisch-palästinensischen Konflikt zu lösen. Jedes Jahr bringt die Arabische Liga einen Friedensvorschlag vor, der sich auf diese Prinzipien gründet, um den israelisch-palästinensischen Konflikt zu lösen.

Führende Menschenrechtsorganisationen wie HRW haben auch bestätigt, dass Israels Belagerung des Gazastreifens eine Art kollektiver Bestrafung sei und deshalb nach dem Völkerrecht illegal ist.

Wir in der Hamasregierung fühlen uns einer gerechten Lösung des Konfliktes verpflichtet. Sie steht nicht im Widerspruch mit der internationalen Gemeinschaft und zur progressiven Meinung, wie sie der Internationale Gerichtshof, die Vollversammlung der UN und führende Menschenrechtorganisationen zum Ausdruck bringen. Wir sind bereit, alle Parteien auf der Basis der gegenseitigen Achtung zu beteiligen und ohne Vorbedingungen.

Doch unsere Wählerschaft muss einen umfassenden Paradigmenwechsel sehen, der nicht nur mit der Beendigung der Belagerung des Gazastreifens beginnt und jeden Siedlungsbau und die seine Erweiterung stoppt, sondern sich in eine Politik der Gerechtigkeit entwickelt, die sich auf das internationale Recht und die internationalen Normen gründet, an denen wir auch festhalten wollen.

Noch einmal: wir heißen Sie im Gazastreifen willkommen , damit Sie aus erster Hand unsern ground zero sehen . Außerdem würde dies die US-Position verbessern und Sie in die Lage versetzen, mit mehr Glaubwürdigkeit und Autorität mit allen Parteien zu reden und zu verhandeln.

In Hochachtung

Dr. Ahmend Youssef,

Stellvertreter des Außenministeriums und früherer ranghoher politischer Berater von Ministerpräsident Ismael Hanniya

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