Die Verse der 13. Sure des Heiligen Qurans (Der Donner)
Im Vers 17 definiert der Heilige Qur’an
anhand eines schönen Beispiels, was das Wahre und das Falsche
ist.
"Er hat vom Himmel Wasser herabkommen
lassen, und da strömen (ganze) Wadis (mit Wasser), so viel
ihnen zugemessen war. Und die Flut trug an der Oberfläche
Schaum. Und bei dem, was man im Feuer erhitzt in der Absicht,
Schmuck oder Gerät zu erhalten, gibt es Schaum, der dem Schaum
auf der Flut ähnlich ist. So prägt Gott das Wahre und das
Nichtige. Was den Schaum betrifft, so vergeht er als Abfall.
Was aber das betrifft, was für die Menschen von Nutzen ist
(d.h. einerseits das Wasser als Grundstoff aller Vegetation,
andererseits die in Gußformen hergestellten Schmuckstücke und
Gebrauchsgegenstände), so bleibt es in der Erde. So prägt Gott
die Gleichnisse."
Manche Interpreten sagen, so gebe uns
Gott ein Beispiel vom Wahren und Falschen. Andere sagen, Gott
habe, indem er uns so das Wahre und das Falsche erkläre, uns
zeigen wollen, welche Beziehung zwischen Wahren und Falschem
bestehe, welche der von Wasser und Schaum gleiche. "Was den
Schaum betrifft, so vergeht er als Abfall. Was aber das
betrifft, was für die Menschen von Nutzen ist, so bleibt es in
der Erde." Hier will Er sagen, was dem Menschen nützt,
also Wasser und Metall, bleibt, und das, was diese
Nützlichkeit beschränkt, also das Nutzlose, verschwindet wie
Schaum. Nutzlosigkeit, Nichtigkeit sind also zum Nichtsein
verurteilt. So prägt Gott die Gleichnisse. Wir können aus
diesem Beispiel einige nützliche Folgerungen ableiten. Das
Falsche und die Nichtigkeit sind nur Phänomene, das Wahre
jedoch ist etwas Authentisches. Schaum bedeckt das Wasser
derart, daß ein Unwissender, der es betrachtet, nur den Schaum
klatschen sieht; er achtet also nicht weiter auf das
Regenwasser, das darunter fließt. Obgleich es letztendlich das
Wasser ist, welches klatscht, und nicht der Schaum. Aber weil
hier das eine das andere verdeckt, sieht ein Auge, das nur die
Erscheinung registriert, ohne den Versuch zu unternehmen, die
Wirklichkeit aufzuspüren, eben nur den Schaum. Genauso
übersteigt das Falsche die Macht des Wahren und deckt es zu,
vollkommen, so daß jemand, der einen oberflächlichen Blick auf
die Gesellschaft wirft, nur die Eitlen sieht.
Wenn man beispielsweise in der iranischen
Geschichte in das 13. Jahrhundert der Auswanderung des
Propheten (s.a.s.) zurückgeht, ist die erste Gestalt, die
unsere Aufmerksamkeit auf sich lenkt, Nasreddin Schah, und
möglicherweise könnten wir vermuten, alle Menschen jener
Epoche hätten ihm geglichen. Aber wären alle Iraner Nasreddin
Schahs gewesen, existierte heute auf Erden das Land Iran nicht
mehr. Wären genauso in der Zeit, zu der Harun-ar-Raschid
regierte, alle Menschen wie er gewesen, hätten alle seine
Natur besessen, hätte sich mit Sicherheit die islamische
Gesellschaft nicht zu halten vermocht. Denn Harun-ar-Raschid
war Sinnbild von Unterdrückung, Betrug, Verleumdung, List,
Lüsternheit, Unmoral und Schamlosigkeit. Wären wir zu jener
Zeit in alle islamischen Dörfer gegangen, wären wir nur auf
Harun-ar-Raschids gestoßen? Das heißt: Hätten wir lauter
Menschen des gleichen Geistes und der gleichen Qualität
gefunden wie ihn? Waren zu jener Zeit der Bauer, der Arbeiter,
der Händler, der Künstler jeder in seinem Genre alle zweite
Harun-ar-Raschids? Logen zu jener Zeit alle einander an?
Betrog jeder den anderen? War jedermann damals unmoralisch?
Unmöglich. Harun-ar-Raschid lebte dank der Aufrichtigkeit, der
Ehrbarkeit, der Gutgläubigkeit und der Wahrheit, die diesen
Leuten innewohnte. Angenommen, es hätte eine Milliarde
Menschen wie Harun-ar-Raschid und seine Kompagnons gegeben,
darf uns dennoch nicht zur Norm werden, so daß wir zu dem
Schluß kämen, in jener Epoche habe die Niedertracht das Gute
übertrumpft.
Betrachten Sie ein wenig das gewandelte
Christentum und machen Sie dann eine Runde durch die Dörfer
und Städte der christlichen Länder. Ist jeder Pfarrer, den Sie
treffen, korrupt? Sicher nicht. Sicher sind die meisten
Christen tugendhaft, aufrichtig, unberührt, widmen sich Gott
im Namen Christi und der Heiligen Maria. An diesen Leuten ist
nichts auszusetzen. Das Paradies erwartet sie, ihre Pfarrer
und Priester werden ebenfalls ins Paradies eingehen. Man darf
den Klerus, korrupt und herrschsüchtig, und die Päpste nicht
mit dem Großteil der Missionare und Christen verwechseln.
Diejenigen, die uns zu Gesicht kommen, sind nichts weiter als
der (Ab-)Schaum auf der Wasseroberfläche. Dringt man jedoch in
den Kern der Gesellschaft vor, treffen wir auf Leute, denen
man nicht einmal Beachtung schenkt; dabei sind sie
aufrichtige, ehrbare Leute. Übertrumpft denn bei jenem
Chauffeur, der zwischen der einen und der anderen Stadt hin-
und herfährt, um pro Tag 150 bis 200 Tuman[1]
zu verdienen, oder bei jenem Bauern, der pausenlos arbeitet,
die Niederträchtigkeit das Gute? Sicher nicht. Die meisten
Leute besitzen doch immer ihr humanes moslemisches Wesen. Geht
man, die Arbeiter in den Fabriken zu treffen, so ist man
erstaunt, sie trotz all ihrer Entbehrungen in Bezug auf ihre
Gesellschaft, auf ihre Religion (und die Revolution) ungetrübt
optimistisch zu finden. Ihre Beunruhigung gilt dem Glauben und
der Religion. In der Gesellschaft befinden sich diejenigen,
bei denen das Gute über die Korruption herrscht, in der
Mehrzahl. Und wenn in ihren Reihen tatsächlich jemals ein
Fehler auftauchen sollte, so liegt dieser in ihrer
Unwissenheit begründet. Sie sind dafür nicht verantwortlich
und tragen keine Schuld. Ein Unwissender wird nicht für
schuldig erklärt, und man darf ihn nicht mit den Korrumpieren,
den Verschwörern und Gottlosen über einen Kamm scheren.
Die Wahrheit ist also eine authentische.
Sie ist wie das Wasser, das unter dem Schaum fließt, und sie
ist der Motor der Gesellschaft. Aber Falschheit und Lüge
überdecken sie und setzen sich an die Oberfläche. Ein anderer
Aspekt zur Interpretation des Verses des Heiligen Qur’ans ist
der, daß das Falsche fortschreitet, indem es sich am Wahren
festhakt und seine Kraft ausnützt. Die wirkliche Kraft gehört
nämlich der Wahrheit, und sie transportiert das Falsche wie
das Wasser den Schaum, wo jenes diesen mit sich trägt. Wenn da
in der Geschichte ein gewisser Muawiya als Übeltäter
auftaucht, so repräsentiert er noch lange nicht die ganze
Gesellschaft. Im Herzen der Gesellschaft regiert der Prophet (s.a.s.),
nicht Muawiya. Immer sind es Gott, der Glaube, der Heilige
Qur’an, die Spiritualität, die die Gesellschaft tragen.
Muawiya hat sich diese Macht oben aufgesetzt. Yazid, der
Mörder Imam Hussains (a.s.) sagt: "Hussein wurde mit dem
Schwert seines eigenen Vorfahren, des Propheten (s.a.s.),
getötet." In einem speziellen Sinn können diese Worte
zutreffen, denn die Genossen des Yazid profitierten von der
Macht des Propheten (s.a.s.), um ihn zu töten und um die
Menschen zu jenem Verbrechen zu ermutigen. Er rief aus:
"Gottesreiter, besteigt Eure Rosse, damit das Paradies Euch
günstig sei." Imam Baqir (a.s.), der 5. Imam sagt: "3000
Menschen hatten sich versammelt, um Imam Hussein zu ermorden,
den Sohn Alis, auf dem der Segen Gottes liegen möge. Jeder
dachte, indem er ihn tötete, wurde er sich vor Gott
rechtfertigen. Sie meinten, Yazid sei der Khalif des
Propheten, und Alis Sohn Hussein habe sich gegen ihn
aufgelehnt, darum müßten sie nun gegen ihn kämpfen." Das
Falsche schlägt das Wahre mit dessen eigenem Schwert. Es
profitiert von der Kraft und Energie des Wahren wie ein
Parasit, der sich vom Fleisch und Blut seines Gastgebers
ernährt. Es ist gut möglich, daß er sich gut ernährt, daß er
sogar kräftiger wird und der Gastgeber seine Kraft verliert
und immer magerer und blasser wird, und daß seine Augen ihren
Glanz verlieren. Der Heilige Qur’an sagt: "Wenn der Strom über
die Ufer tritt, so ist das, was fließt, das, was Kraft hat und
alles, was es unterwegs findet, mit sich reißt, das Wasser."
Aber wir sehen nur den Schaum. Wäre das Wasser nicht, so
könnte der Schaum sich nicht einmal um einen Schritt vorwärts
bewegen. Aber auf dem Rücken des Wassers profitiert er von
dessen Kraft.
Das Falsche hat immer von der Kraft des
Wahren profitiert. Die Wahrheit ist vernünftig und wirft das
Falsche ab. Gäbe es keine Wahrheit, so könnte die Lüge nicht
existieren. D.h., gäbe es auf der ganzen Welt niemanden, der
die Wahrheit sagte und alle Welt löge (der Vater belöge den
Sohn, der Sohn den Vater, die Frau den Ehemann, der Mann seine
Ehefrau, der Freund den Freund, der Kamerad den Kameraden),
könnte die Lüge sich gar nicht mehr verbreiten, weil niemand
dem anderen Glauben schenken würde. Warum rettet heutzutage
die Lüge manchmal den Menschen? Weil es auf der Welt viele
Menschen gibt, welche die Wahrheit sagen, und da man die
Gewohnheit hat, Wahres zu hören, liegt es nahe, daß man auch
einer Lüge glaubt und sich irrt. D.h., das Wahre nährt die
Lüge und verleiht ihr die notwendige Kraft.
Auch mit der Unterdrückung ist es
ähnlich: Gibt es keine Gerechtigkeit auf der Welt, vertraut
keiner dem anderen und versucht jeder, den anderen zu
bestehlen. So findet der größte Unterdrücker keinen, den er
ausrauben könnte. Denn Ehrgefühl und Vertrauen, die Tatsache,
daß man Brüderlichkeit, Gleichheit und Freiheit respektiert,
ermöglicht es ihm, seine bösen Absichten zur Ausführung zu
bringen. Sie bewachen ihrerseits die Gesellschaft, und der
Unterdrücker seinerseits setzt seine Ausbeutung fort.
Wenn Sie die Radiosendungen aus
verschiedenen Ländern der Welt hören, so werden Sie nicht
vernehmen, daß von Tyrannei gesprochen würde oder das diese
Radiosender sagen würden, ihre Regierung hätte die Absicht,
die Interessen der anderen Länder zu unterdrücken oder
auszubeuten. Alle reden dagegen vom Frieden, von der Freiheit,
von den Menschenrechten. Obwohl der größte Teil, wenn nicht
sogar alle diese Radiosender, nur Lügen verbreiten. Die
Regierenden dieser Länder leben unter der Decke dieser Lügen.
Unter dem Deckmantel "Freiheit" ermorden sie die Freiheit. So
wie ein wohlbekannter Ausspruch lautet: "Ach, Freiheit: Welche
Verbrechen sind nicht schon alle in deinem Namen begangen
worden." Das bedeutet: Ernährung des Falschen auf Kosten des
Wahren.
Auch Nasreddin Schah, Harun-ar-Raschid
oder Muawiya haben ihre falsche Gewalt mit der machtvollen
Wahrheit des Volkes genährt, sonst hätten sie selbst nicht die
geringste Macht besessen. Die 51. Rede Imam Alis (a.s.) im
Nahj-ul-Balagha stellt sehr schön den Profit dar, den das
Falsche aus der Wahrheit zieht. In dieser Rede sagt Imam Ali (a.s.):
"Unordnung und Durcheinander treten
auf, sobald die Menschen ihren sexuellen Neigungen zu folgen
beginnen. Anstatt sich Gott zu widmen, weihen sie sich ihren
sinnlichen Bedürfnissen und folgen ihren eigenen Wünschen. Und
dann erlassen sie, um ihrem Benehmen Glaubwürdigkeit zu
verleihen, Dekrete, denen sie einen religiösen Schein zu
verleihen suchen.“
Wessen bedient sich einer, der nur seinen
eigenen Wünschen folgt? Der Macht des Wahren. Die Dekrete, die
er gegen jede religiöse Tradition neu einführt, tragen den
Anschein von Religiosität, denn es ist ihm klar, daß die
Religion die Macht innehat und alles schützt. Wenn er es
dagegen als eigene Parole ausgibt, wird niemand sie
akzeptieren. So beginnt er im Namen der Religion und sagt so
uns so und erklärt diesen und jenen Vers des Heiligen Qur’ans
in dieser und jener Weise. Auch sein Vorfahre hätte berichtet,
der Prophet (s.a.s.) hätte das gesagt, oder Imam
Dschafar-as-Sadiq (a.s.), der 6. Imam, hätte jenes gesagt, und
auf diese Weise profitieren er und sein Vorfahre von der Kraft
des Heiligen Qur’ans, des Propheten (s.a.s.), des Imams (a.s.),
um seiner Sache, die vollkommen falsch ist, den Siegel der
Wahrheit aufzuprägen.
Die neu eingeführten Dekrete, die sich
gegen die religiöse Tradition richten, widersprechen den
göttlichen Dekreten, die im Heiligen Qur’an offenbart sind. Da
treffen gewisse Leute zusammen, einigen sich und verbinden
sich zu einer Partei oder einer Gruppe, und unter dem Schein
der Bekehrung verbreiten sie Propaganda für ihre eigenen
Absichten und ihre Neuerungen, die sich der religiösen
Tradition widersetzen. Der Heilige erklärt dann die
Philosophie, die in diesem Thema steckt, und deutet sie
vollkommen aus: "Wenn also das Falsche nicht mit dem Wahren
verwechselt wird, werden die, die auf der Suche nach der
Wahrheit sind, keinem Irrtum unterlaufen." Denn die meisten
Menschen sind anfangs ursprünglich-gläubig. (Neueinführung
von Dekreten innerhalb der Religion bedeutet: Ein Dekret neu
einzuführen, das im Widerspruch zur religiösen Tradition
steht. Gegen solche Neuerungen wehrt sich die Religion, sie
werden von ihr verdammt. Dazu findet sich in der Geschichte
eine schöne Begebenheit: Zur Zeit als Abu Huraira Gouverneur
in Mekka wahr, kam ein armer Mann aus Ata. Er hatte Zwiebeln
mitgebracht und wollte sie in Mekka verkaufen. Da wandte er
sich an Abu Huraira, daß er ihm helfe und ihn davor bewahre,
ins Unglück zu stürzen. Abu Huraira stellte sich am folgenden
Freitag hinter des Rednerpult auf der Tribüne und verkündete:
"Das Paradies erwartet diejenigen, die in Mekka Zwiebeln
kaufen!" Da sehen wir, was Neuerungen sind!)
Aber man hat das Wahre und das Falsche
vermischt, so daß die Menschen Irrtümer eingehen, indem sie
beides miteinander verwechseln, und sie bemühen sich um das
Falsche, das den Siegel des Wahren trägt. Wäre das Wahre vom
Falschen getrennt, bliebe es denen, die nach der Wahrheit
suchen, und den bewußt Gläubigen nicht verborgen. Wäre eines
Tages das Wahre vom Falschen abgeschält, so fänden die Nörgler
keinen Vorwand mehr zur Kritik. Denn manche betrachten dieses
Gemisch als das absolut Wahre, und wenn sie dann seine Folgen
betrachten, sehen sie nur, was Ärger erregt. Daraus leiten die
Gegner dann die Gelegenheit für sich ab, Kritik zu üben und zu
sagen, Eure Religion und Eure religiösen Prinzipien seien
verfälscht, ohne zu wissen, daß der Urheber der Verfälschung
allein das Falsche ist. Das Wahre dagegen erlaube nie, daß
seine Gegner es kritisieren. Die Geschichte mit Muawiya
erklärt das. Wie wurde er Khalif? Indem er sich auf die Macht
des Wahren stützte, auf jene ursprünglich-gläubigen Menschen
und auf jene Wahrheitssuchenden, die sich erst neu zum Islam
bekehrt hatten, für den nun ihr Herz schlug.
Als Osman[2]
am Ende seiner Irrwege ermordet wird, gibt ihm Muawiya
nicht die geringste Hilfestellung. Denn er hatte ja nichts mit
ihm zu tun, er dachte ja einzig und allein an seine eigene
Regierung. Nach kurzer Überlegung war er zu dem Schluß
gekommen, daß der Tod Osmans in seinem Interessenbereich lag.
Da schickte er seine Spione, die Blut durchtränkten Kleider,
die abgehackte Hand und einen Finger von Osman zu holen. Als
sie diese Dinge herbeigebracht hatten, hängte Muawiya die
Kleider an das berühmte Tor von Scham[3]
oder an die Moschee von Damaskus und brach, nachdem er
sich selbst auf der Tribüne plaziert hatte, in Krokodilstränen
aus, wobei er rief: "Ach, ihr Leute: Das Opfer, der Khalif des
Propheten, ist ermordet worden. Seht hier sein Blut
durchtränktes Hemd!" Da brachen alle in lautes Weinen aus. Auf
diese Weise brachte Muawiya die Leute tagelang zum Weinen,
sprach von jenem armen Opfer, und trug den Vers vor: " 'Die
Eltern eines Opfers haben das gute Recht, es zu rächen; aber
sie sollen dabei nicht zu weit gehen und zu viele Menschen
töten. So werden sie siegreich sein.' Also, was sagt Ihr dazu?
Sollen wir hier sitzen und schweigen angesichts dieses
Verbrechens, das dem Islam angetan worden ist.?" Alle Leute
sagten darauf: "Nein, wir sind zum Kampf mit ganzem Herzen
bereit." Dann versammelte er alle zum Kampf gegen Imam Ali (a.s.).
Muawiya, der selbst keinerlei Macht hatte, profitierte also
von der des Heiligen Qur’ans. Dann schickte Muawiya
Ziad-ibn-Umayyah, einen echten Ausbund von Unruhestifter,
unter das Volk. Und was sagt das Volk? Es sagt: "Seht nun da,
das ist der Islam: Seht, was sein Gouverneur getan hat!" Seine
Gegner finden Gelegenheit zu Kritik. Da sagt der Imam (a.s.):
"Man mischt einen Teil des Wahren mit
einem Teil Falschem. So wie einer ein wenig fremde Körner
unter das Getreide mischt. Er weiß genau, daß kein Mensch zum
Kaufen käme, verkaufte er nur dieses Korn. Also mischt er das
Korn unter das Getreide, um es den Leuten als reinen Weizen
anzudrehen. Abends dann beim Essen merken die Käufer, daß das,
was sie da essen, überhaupt kein Brot aus Weizenmehl ist.
Genauso herrscht der Satan über seine Freunde, d.h. er bedient
sich des Wahren, das mit Falschem vermischt ist, des Wahren im
Kleid des Falschen, als Instrument."
Aus diesem Grund sagt der Heilige Qur’an:
"Das Falsche nährt sich vom Wahren, weil es selbst nicht die
geringste Macht hat." Wäre das Wasser nicht, käme der Schaum
nicht zwei Schritt vorwärts. Wenn ihr seht, daß das Falsche
fortschreitet, so ist es, weil es auf den Wahren reitet, und
es ist die Kraft des letzteren, die ihm Bewegung verleiht.
Sehen Sie also, wie der Heilige Qur’an das Falsche für null
und nichtig erklärt und es bedeutungslos werden läßt. Der
scheinbare Sieg beruht auf dem Falschen, der endgültig Triumph
gehört dem Wahren.
Nur bei oberflächlichem, nicht tiefer
gehendem und weiter analytischem Blick kann das Falsche eine
gewisse Gestalt gewinne. Ein Kind z.B., das in seinem Leben
noch nie einen reißenden Strom gesehen hat, weiß nicht, was
das ist und woher es kommt. Wenn es ihn dann erblickt, so ist
es für ihn ein Meer von Schaum, das da fließt. Es denkt, daß
es nichts außer Schaum gäbe. Die Erscheinung, d.h., das
Falsche siegt also zuerst, aber am Ende wird es vernichtet.
Der Heilige Qur’an sagt: "Dehnt Euren Blick aus und vertieft
ihn. Wenn ihr die Gesellschaft erkennen wollt, laßt Euch nicht
durch das Erscheinungsbild irreführen." Wenn Ihr die
Geschichte des vergangenen Jahrhunderts, die Zeit von
Nasreddin Schah, kennenlernen wollt, so stützt Euch nicht nur
auf ihn, auf seine Unternehmungen, seine
Unterdrückungsaktionen, und sagt Euch dann nicht, daß zu jener
Zeit jedermann wie er gewesen wäre. Er darf nicht zum Sinnbild
für das Kennenlernen der Menschen des vergangenen Jahrhunderts
werden. Wenn man Nasreddin Schah als Sinnbild nimmt, wie
erklärt man sich dann denn Erlaß des Tabakverbots, den Mirzaye
Schirazi ausrief, und die großartigen Effekte dieses Verbots?
Während Nasreddin Schah unter Ausnutzung der Unwissenheit der
Leute dem Ausland gewisse Vorteile einräumt, beginnen
religiöse Gelehrte und Klarsehende in der Hauptstadt sowie
überall in den Städten Unruhe (gegen den ausländischen Einfluß)
zu stiften und die Leute auf diese Tatsache hinzuweisen. So
verkündete Mirzaye Schirazi dem iranischen Volke seinen Erlaß
von Samara[4]
bezüglich des Tabakverbots. Diese Neuigkeit explodierte
wie eine Bombe, die Leute erhoben sich gegen Nasreddin Schah
und die Tatsache, daß er die Konzession des Tabaks an
ausländische Gesellschaften gegeben hätte. Das zeigt, wie im
Grunde hinter dem Falschen ein bestimmter Glaube, eine
bestimmte Wahrheit steht, die dominiert. In dieser Zeit
hielten die Frauen, die wie die Frauen der Frühzeit des Islam
selten aus dem Haus zu gehen pflegten, ihre Männer plötzlich
an der Tür fest und sagten ihnen, es gelte zu kämpfen, wenn
sie das nicht tun werden, hätten sie kein Recht, nach Hause
zurückzukommen, und sie würden nicht mehr mit ihnen
weiterleben. Daran zeigt sich, daß Nasreddin Schah eben nicht
Sinnbild seines Jahrhunderts war. Vielleicht waren die Leute
damals unwissend, aber jedenfalls nicht bösartig. Man
versuchte, die Leute in ihrer Unwissenheit zu belassen, ohne
daß sie bösartig oder korrupt gewesen wären.
Gehen wir noch ein Jahrhunderts weiter
zurück, in die Zeit des Nader Schah, der ein Minarett aus
Menschenköpfen errichtet hat. Ist er ebenfalls Symbol seiner
Zeit? Dem Heiligen Qur’an zufolge sind solche Leute nichts
weiter als Schaum auf dem Wasser. Man darf sein Urteil nicht
auf sie und ihre Taten stützen. Wäre jedermann so kriminell
wie Nader Schah, so wäre die Gesellschaft erstarrt. Der
Heilige Qur’an sagt: "Wenn alle Menschen innerhalb einer
Gesellschaft niederträchtig, korrupt, unterdrückerisch und
verlogen wären, so hätten wir sie längst zugrunde gehen
lassen." Unmöglich, daß sie weiter existiert hätte. Warum
spricht der Heilige Qur’an von der Ausrottung gewisser Völker,
deren Wurzeln ausgerissen worden sind, damit sie zugrunde
gehen? Weil die Mehrheit dieser Leute anfing, böse zu werden.
Man rottete sie aus und ließ sie untergehen. Wenn nun die
Gesellschaft weiter existiert, so ist das deshalb, weil die
Mehrzahl gut und tugendhaft ist, und die verbleibende
Minderheit ist nur Schaum auf dem Wasser. Wie eine
provisorische Angelegenheit, wie ein Phänomen, wie ein
vorübergehendes Glänzen hat auch das Falsche keine Dauer.
In unserer Sprache[5]
gibt es Ausdrücke, die bereits zu Sprichwörtern geworden
sind; eines davon lautet: "Das Wahre ist ewig und dauert an,
während das Falsche nur einen vergänglichen Glanz besitzt."
Oder ein anderes, das lautet: "Das Falsche hat einen
vergänglichen Glanz, aber am Ende geht es zugrunde, während
das Wahre beständig ist und immer bestehen bleiben wird." So
läßt sich schließlich feststellen, daß es das Wahre ist, von
welchem das Falsche sich nährt, genau wie der Schatten es dem
Licht zu verdanken hat, daß er existiert. Sicher, wenn es kein
Wahres gäbe, existierte auch das Falsche nicht mehr, denn das
Falsche will im Namen des Wahren unter seinem Schutz und mit
der Kraft seines Lichtes leben. Das Wahre ist wie Wasser, das,
wenn es in seinem Bett dahin fließt, auf Verschmutzungen
trifft, die es aufnimmt und zu allen Seiten hin verspritzt,
was dann den schmutzigen Schaum zur Erscheinung bringt. Das
ist nötig für den natürlichen Lauf des Wassers. In diesem wie
in anderen Versen will uns der Heilige Qur’an das Wahre als
etwas Authentisches vor Augen führen, ohne dabei zu vergessen,
vom Falschen zu sprechen, welches er aber als unauthentisch
darstellt, und er verurteilt den Mißbrauch des Wahren durch
das Falsche.