Hurr versperrt den Weg
Während sie in Thalabija waren, bemerkte Husein etwas
schwarzes am Horizont aufsteigen, seine Begleiter meinten, es
wären die Palmen von Kufa, er erwiderte aber: hier gibt es
keine Palmen, wenn ihr etwas wahrnehmt, so ist es der Vortrab
der Reiterei und die Spitzen der Lanzen. Einer von ihnen ging
vor und schlich sich etwas näher, dann kam er zurück und sagte: mein Gebieter, es sind Reiter, welche auf uns zu kommen.
Weicht ihnen aus auf diesem Wege, befahl er; dies geschah und
als jene sahen, dass wir abbogen, bogen sie auch ab und kamen
auf uns zu, an der Spitze stand el-Hurr ben Jazid el-Rijahi.
Sie machten Husein gegenüber halt und sprachen: o Abu
Abdallah, gib uns Wasser zu trinken; er erwiderte: Gott
erbarme sich dessen, der ihnen und ihren Tieren zu trinken
gibt. Sie fingen dann an, die Schalen und Schüsseln zu füllen,
dann führten sie die Pferde näher, wenn sie satt waren, bogen
sie nach der anderen Seite ab, bis sie alle getränkt hatten.
'Ali ben Jakdhan erzählt: Ich war bei el-Hurr
und der letzte von seinen Begleitern , der ankam; als Husein
sah, wie durstig ich und mein Pferd waren, sagte er mir:
lieber Bruder, geh zu den Kamelen, öffne einen Schlauch und
trinke und lass dein Pferd trinken; das tat ich.
el-Hurr ben Jazid kam von Cadesia; Obeidallah ben Zijad
hatte el-Hucein ben Numeir abgesandt und ihm das Kommando über
4000 Reiter übertragen, dieser hatte el-Hurr ben Jazid mit
1000 Reitern als Vortrab vorausgeschickt und so war er Husein
begegnet. el-Hurr blieb vor ihm halten, bis die Zeit des
Nachmittagsgebetes kam, dann ließ er zum Gebet rufen. Husein
stand auf und kam aus dem Zelte in einem rosenfarbigen Gewande
und mit Stiefeln an den Füssen und er sprach das Gebet für
beide Parteien zusammen.
Als er geendigt hatte, wandte er sich um, lobte Gott und
pries ihn und gedachte des Propheten, dann fuhr er fort: Ihr
versammelten Männer! wisset, ich bin nicht eher zu euch
gekommen, bis ich eure Briefe und eure Abgeordneten empfangen
habe mit der Aufforderung: komm zu uns, wir haben keinen Imam
außer dich. Wenn ihr nun noch dieser Meinung seid, so bin ich
nun bei euch erschienen, gebt mir also von dem, was ihr
versprochen und gelobt habt, soviel, dass ich zufrieden
gestellt werde; wenn ihr dies nicht tut und meine Ankunft
nicht gern seht, so werde ich umkehren nach dem Orte, woher
ich gekommen bin.
el-Hurr entgegnete: wir verstehen nicht, was du sagst, und
wissen nicht, wer an dich Briefe geschrieben oder Abgeordnete
geschickt hat. Da sprach Husein zu 'Ocba ben Sam'an: hole doch
das Reisegepäck, worin die Briefe stecken. Er brachte ihm zwei
Bündel mit Schriften , die er vor ihm ausbreitete. el-Hurr
bemerkte: wir gehören nicht zu denen, welche an dich
geschrieben haben; wir haben nur den Befehl dich nicht zu
verlassen, bis wir dich nach Kufa zu Obeidallah ben Zijad
werden geführt haben. — Der Tod wäre dir näher als dies, sagte
Husein, und befahl seinen Begleitern aufzusitzen: dies taten
sie und warteten, bis er selbst aufgestiegen war und den
Befehl zur Umkehr gab. Als sie nun umkehren wollten,
versperrten ihnen die Reiter den Weg und Husein rief: dass
deine Mutter kinderlos werde! was willst du? el-Hurr erwiderte: wenn das ein anderer Araber gesagt hätte als du,
würde ich nicht unterlassen, seine eigene Mutter kinderlos zu
machen, möchte er sein, wer er wolle, indes ich werde dich
nicht verlassen, wenn du nicht mit mir zu Ibn Zijad gehen
willst. — Dann, bei Gott! werde ich dir nicht folgen. — Dann,
bei Gott! werde ich dich nicht verlassen. — Nachdem sie in
dieser Weise noch viele Worte gewechselt hatten, sagte el-Hurr:
Ich habe nicht den Befehl, dich zu töten, sondern nur, dich
nicht zu verlassen, bis ich mit dir nach Kufa komme; da du
nicht willst, so schlage einen Weg ein, der dich nicht nach
Kufa führt, aber auch nicht zurück nach Medina, das ist eine
Vermittlung zwischen mir und dir, bis ich an Ibn Zijad
schreibe und du an den Kalifen Jazid, vielleicht wendet es
Gott noch zum Guten, das wäre mir lieber, als dass ich in
deine Sache verwickelt werde.
Husein zog dann ab und el-Hurr ben Jazid ritt an seiner
Seite und sagte: o Abu Abdallah, ich beschwöre dich bei deinem
Leben und versichere, wenn du angreifst, wirst du gewiss
getötet werden. Husein erwiderte: glaubst du mich durch den
Tod zu erschrecken, auf mich passen vielmehr die Worte des
Ausiten, als ihn sein Bruder beschuldigte, er sei zu feige um
dem Gottgesandten zu helfen:
Ich werde gehen, der Tod ist keine Schande für einen
Mann,
wenn er nur frei gelebt und als Muslim gefochten hat,
Und den frommen Menschen Trost und Hilfe mit seinem Leben
gebracht
und von dem Verdammten sich fern gehalten und den Sünder
gemieden hat.
Wenn ich am Leben bleibe, will ich nicht klagen, und wenn ich
sterbe, soll es mich nicht schmerzen.
Es ist genug Erniedrigung für dich, wenn du lebst und davor
Abscheu hast
Als el-Hurr diese Worte hörte , wandte er sich von ihm weg
und zog weiter, bis er nach 'Odseib el-Hi'gamat kam; hier
begegneten ihnen vier Personen, welche ihre Tiere stark
antrieben, einer von ihnen war el-Tirimmah ben 'Adi, dann Nah'
ben Hilal el-Muradi, Chalid ben Murad el-Ceidawi mit seinem
Sklaven Sa'd und Mu'gamma' ben Abdallah el-Mudshi'gi. Als
el-Tirimmah sie bemerkte, hielt er seinem Kamele die Zügel an
und sprach in Versen:
O mein Kamel, fürchte dich nicht mehr vor meinem
Antreiben
und gehe stolz vor dem Anbruch der Morgenröte
Mit den besten Reitern und dem besten Reisenden,
bis du einkehrst in dem vornehmen Gasthause,
Dem durch Schönheit berühmten, mit dem geräumigen Vorhof,
womit Gott zum besten Werke gekommen ist.
el-Hurr dachte sie zu hindern und von Husein fern zu
halten, allein dieser sagte ihm: die Leute kommen zu mir und
du hast dich gegen mich verpflichtet, nicht gegen mich
vorzugehen, bis du einen Brief von Obeidallah ben Zijad
erhalten hast. el-Hurr trat ihnen also nicht hindernd in den
Weg und Husein sagte ihnen: erzählet mir von den Leuten in
Kufa. Da sprach Mu'gamma': o Sohn des Gottgesandten, die
Herzen der Angesehenen sind dir geneigt und die Herzen des
Volkes sind mit dir, aber ihre Schwerter sind für einen
anderen gegen dich. — Wisst ihr etwas von meinem Abgesandten
Keis ben Mushir? — Ja, el-Hucein ben Numeir hat ihn gefangen
genommen und zu Ibn Zijad geschickt, welcher ihn hat umbringen
lassen. — Als Husein diese Worte hörte, füllten sich seine
Augen mit Thränen und er sprach Sure 33,23: Einige von ihnen
haben ihr Gelübde (mit dem Tode) erfüllt, andere warten noch,
ohne eine Änderung zu machen. Dann setzte er hinzu: Mache das
Paradies für uns und für sie zur Wohnstätte und vereinige uns
und sie in dem festen Sitz deines Erbarmens, o
allerbarmherzigster!
el-Tirimmah wandte sich an Husein und sprach: o Sohn des
Gottgesandten, wenn du gegen weiter niemand zu kämpfen hättest
als gegen diese, welche du hier siehst, das würde dir schon
gelingen: aber, einen Tag vor meinem Auszuge aus Kufa, habe
ich vor der Stadt eine Menschenmenge gesehen, wie ich sie in
ähnlicher Weise nie größer zusammen getroffen habe, und als
ich nach ihrem Zweck fragte, erhielt ich zur Antwort, sie
seien zusammengezogen um gegen Husein ben Ali in den Krieg zu
marschieren; wenn es dir möglich ist , nicht zu ihnen zu
gehen, so tue es.