Der Tod des Husein ...

Der Tod des Husein ben Ali und die Rache

Ein historischer Roman aus dem Arabischen

Ferdinand Wüstenfeld

zum Inhaltsverzeichnis

Jazid zu Ali ben Husein

Jazid wandte sich nun zu Ali ben Husein und fragte: wer ist dieser Bursch ? Man erwiderte: Dies ist Ali ben Husein. — Gott verdamme ihn! hat nicht Gott den 'Ali getötet? — Ja, dieser hatte einen älteren Bruder mit Namen 'AH, der ist getötet und dies ist 'Ali der jüngere. — Jetzt redete ihn Jazid an : Junger Bursch, du bist der, dessen Vater Kalif werden wollte; gelobt sei Gott, welcher sein Blut vergossen hat, ihn in meine Gewalt gebracht und den Gläubigen Ruhe vor ihm gegeben hat, 'AH entgegnete : o Jazid, wer hatte ein größeres Recht an das Chalifat als mein Vater? er war der Sohn der Tochter des Gottgesandten und der Sohn des von ihm eingesetzten Erben; o Jazid, hast du nicht das Wort Gottes gehört, wie er sagt (Sure 57, 2 2): Es trifft nichts ein, weder auf Erden noch bei euch selbst, was wir nicht in dem Buche im voraus bestimmt hätten, dies ist für Gott ein leichtes, also tröstet euch über das, was euch entgeht , und freut euch nicht über das, was euch zukommt, denn Gott liebt keinen stolz einherschreitenden und hoffärtigen. — Jazid nämlich trug schneeweißes Unterzeug und glänzende Kleider und einen Mantel und Schuhe mit Riemen, er schritt beim Gehen stolz einher und betrachtete sich selbst wohlgefällig; deshalb führt 'Ali ben Husein die Worte des Koran an: und Gott liebt keinen stolz einherschreitenden und hoffärtigen. — Darüber wurde Jazid aufgebracht und sagte: junger Bursch, es scheint, als wenn du dich uns widersetzen willst ; und er befahl einem Manne , der neben ihm stand : nimm diesen fest und schlag ihm den Kopf ab. Da fing 'Ali ben Husein an zu weinen und rief mit diesen Versen:

Ich rufe dich an, o lieber Großvater, o bester der Gesandten!
dein Freund ist getötet und deine Nachkommen sollen vertilgt werden.

Seine Tanten und Schwestern fingen an zu weinen und zu klagen und riefen: o Jazid, halt ein ! hast du noch nicht genug Blut von uns, dem heiligen Hause, vergossen? willst du Muhammeds Familie ganz von der Erde vertilgen? Auch die Herumsitzenden weinten und sagten: bei Gott! nimm dich in Acht! lass ab von diesem Knaben, denn es ist nicht erlaubt einen zu töten, der noch nicht mannbar ist. Da befahl er, ihn loszulassen. 'Ali aber trat auf Jazid zu und sprach zu ihm: ich bitte dich bei Gott, wenn es deine Absicht ist mich zu töten, so schicke mit diesen Frauen einen sicheren Begleiter, der sie nach dem Heiligtume ihres Großvaters zurückführt. Da brachen die Menschen in laute Klagen aus und riefen unter Weinen und Klaggeschrei, sodass Jazid einen Aufruhr befürchtete, und er sagte: junger Bursch, ängstige dich nicht, es soll sie kein anderer zurückführen als du.

Hierauf befahl er einem Manne, der sich durch seine Feindschaft besonders bemerklich machte, eine scharfe Zunge und einen verwegenen Sinn hatte und dadurch die anderen Prediger übertraf, er solle die Kanzel besteigen und nichts unerwähnt lassen, was er über Husein schlechtes sagen könne, und er war dazu bereit. Da trat Sukeina Huseins Schwester vor und sprach: wehe dir ! wie wenig Schamgefühl hast du und welche Schlechtigkeiten werden meinem Vater und Großvater nachgesagt. Jazid erwiderte: willst du noch nicht schweigen, du Tochter des Rebellen? Sie antwortete: wehe dir! wer hatte ein größeres Recht an das Kalifat, mein Vater oder du? seine Mutter war Fatima und sein Großvater der Gottgesandte; bei Gott! ich habe vor einigen Nächten ein Traumgesicht gehabt, welches in mir das Verlangen erregte zu meinem Vater und meinem Großvater dem Gottgesandten zu kommen. — Und was hast du gesehen? — Ich sah meinen Vater, er drückte mich an seine Brust , küsste mich auf die Stirn und sprach: o Sukeina, unterlasse es nicht, jeden Tag und Nacht in 51 Verbeugungen zu beten, dies setze dir als deine bestimmte Anzahl. Gestern nun brachte ich die Nacht auf meinem Lager zu und als ich meine Zahl beendigt hatte und mich auf die Seite legte, sah ich im Traum ein Schloss von Lichtglanz, die Zinnen von rotem Hyacinth, und während ich es betrachtete, öffnete sich ein Thor desselben und es traten fünf Greise heraus, die Gott besonders groß erschaffen und mit einem Lichtglanz umgeben hatte. Ihnen voran ging ein Diener, an diesen trat ich heran und fragte ihn, wem dies Schloss gehöre ; er antwortete: dies ist das Schloss deines Vaters Husein. — Und wer sind diese Greise, welche Gott so groß erschaffen, mit Lichtglanz umgeben und mit wohlriechendem Duft ausgestattet hat? — Der erste ist der Vater des Menschengeschlechtes ; der zweite ist Noah der Vater der Propheten; dann Abraham der Freund Gottes , Moses das Wort Gottes und Jesus der Geist Gottes. — Während ich hinsah, kam ein Mann herbei, das Gesicht wie der Mond, von glänzender Farbe, als wenn die Sterne der Welt ihn bedeckten, er hielt seinen Bart mit der Hand umfasst. Ich fragte den Diener: wer ist der, welcher seinen Bart mit der Hand umfasst hält und bald aufsteht, bald niederfällt? — Dies ist dein Großvater der Gottgesandte. — Bei Gott! ich will ihm klagen, was uns begegnet ist. Ich näherte mich ihm und sprach: o lieber Großvater, unsere Männer sind getötet, unser Blut ist vergossen, o lieber Großvater, unsere Frauen sind beschimpft, wenn du uns nach deinem Hingange gesehen hättest . wie wir auf bloßen Sätteln zu Jazid geschickt wurden, dem Anblicke der Frommen und der Gottlosen preisgegeben!

Da neigte er sich zu mir, drückte mich an seine Brust und weinte bitterlich; Adam. Noah , Abraham, Moses und Jesus kamen auf mich zu und sagten: o Sukeina, massige deine Stimme ein wenig, du hast schon den Gottgesandten zum Weinen gebracht. Der Diener nahm mich bei der Hand und führte mich in das Schloss, hier sah ich fünf Frauen, die Gott sehr groß erschaffen und mit Lichtglanz umgeben hatte, darunter eine von besonders großer Gestalt, mit aufgelöstem Haare und schwarzen Kleidern, sie hatte ein seidenes mit Blut beschmutztes Unterkleid bei sich, wenn sie aufstand, standen die anderen mit ihr auf, wenn sie sich setzte, setzten sie sich mit ihr. Ich fragte den Diener: wer sind diese Frauen und wer ist jene unter ihnen, die bald aufsteht, bald niederfällt ? Er antwortete: o Sukeina, die erste ist Eva die Mutter des Menschengeschlechtes, dann Mirjam die Tochter des Imran, diese ist Chadi'ga die ältere, die Tochter des Chuweilid. und jene Sara die Mutter des Isaak. — Und wer ist die in den schwarzen Kleidern mit dem blutigen Unterkleide, welche bald aussteht, bald niederfällt? — O Sukeina, diese ist deine Großmutter Fatima die hehre. — Ich nahte mich ihr und sprach : o liebe Mutter, unser Vater ist getötet, ich bin verwaist für meine alten Tage ; da zog sie mich an ihre Brust und weinte heftig und die Frauen sprachen zu ihr: Gott richte zwischen dir und zwischen Jazid. — Jazid nahm auf ihre Worte keine Rücksicht und befahl dem Manne die Kanzel zu besteigen und nichts unerwähnt zu lassen, was er schlechtes über Husein und seine Familie sagen könnte, und er that dies.

Dann sprach zu ihm 'All ben Husein: Ich bitte dich bei Gott, dass du mir erlaubst die Kanzel zu besteigen und eine Rede zu halten, woran Gott Wohlgefallen und das Volk Beruhigung finden wird; er antwortete : du bist dessen nicht würdig , schweig ! da schwieg er. Es waren aber in der Versammlung einige Männer, welche die Rede des Zein el-'Abidim zu hören wünschten, sie traten deshalb an Jazid heran und sprachen : was schadet es dir , wenn du diesem jungen Burschen erlaubst die Kanzel zu besteigen und zu reden? schwerlich wird etwas gescheites herauskommen, denn wenn er die Kanzel besteigt und die Menge Menschen um sich sieht, wird er nichts vorbringen können. Der Prediger kam also herab und 'Ali ben Husein stieg die Kanzel hinauf, er lobte Gott und pries ihn, gedachte des Propheten und fuhr dann fort: o ihr Leute ! wer mich kennt , der kennt mich , und wer mich nicht kennt, den will ich mit meiner Person bekannt machen. Ich bin der Sohn Muhammeds des auserwählten, ich bin der Sohn 'Alis des begnadigten, ich bin der Sohn Fatima's der hehren, ich bin der Sohn dessen der die Wallfahrt machte und alle Gebräuche beobachtete, ich bin der Sohn von Zamzam und el-Cafa, ich bin der Sohn dessen, der den Gang um die Ka'ba und den Lauf zwischen Marwa und Cafa machte, ich bin der Sohn von Mekka und Mina , ich bin der Sohn des Apostels mit der frohen Botschaft, ich bin der Sohn dessen der zu Gott rief mit seiner Erlaubnis, ich bin der Sohn der glänzenden Leuchte, ich bin der Sohn dessen (Sure 53, 8. 9) der sich näherte und so nahe kam, dass die Entfernung zwei Bogen betrug oder noch näher, ich bin der Sohn Chadi'ga's der älteren, ich bin der Sohn des bei Kerbela hingestreckten, ich bin der Sohn dessen, dem der Kopf vom Genick getrennt wurde , ich bin der Sohn des Durstenden bis er vollendet hatte. Ihr versammelten Leute! Gott hat unsere Liebe geheiligt , indem er in der Offenbarung an seinen Propheten Muhammed sagt (Sure 42, 22): «Sprich, ich verlange von euch dafür keinen Lohn als die Liebe zu den Verwandten«. Wir sind die wahren Verwandten, in Bezug auf uns sind die Verse offenbart, wir sind die Regenten der Welt, durch uns hat Gott den Anfang, durch uns den Schluss gemacht. Gott hat uns durch fünf Eigenschaften ausgezeichnet: Tapferkeit, Freigebigkeit, Beschützung, Kenntnis des Koran und Liebe im Herzen der Gläubigen. — Hier unterbrach ihn der Gebetausrufer und am Schlüsse von dessen Worten, »ich bekenne, dass Muhammed der Gesandte Gottes ist«, sagte 'Ali ben Husein: o Jazid , ist dieser dein Großvater oder der meine "? Er antwortete: nein, der deine ; komm herunter ! Da stieg er von der Kanzel herab. Jazid begab sich nach Hause und sagte: Ich brauche nicht zu beten; und er hielt an dem Tage das öffentliche Gebet nicht.

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de