Divan der persischen Poesie
Divan der persischen Poesie

Blütenlese aus der persischen Poesie, mit einer litterarhistorischen Einleitung, biographischen Notizen und erläuternden Anmerkungen.

Herausgegeben von Julius Hart.

1887 n.Chr.

Inhaltsverzeichnis

Divan der persischen Poesie

Rumi

Mewlânâ Dschelâl-ed-dîn, genannt Rûmî, d. h. der Grieche, wurde 1207 zu Balch geboren und starb 1273 zu Konia. Sein Vater, Behâ-ed-dîn, aus einer der ausgezeichnetsten und angesehensten dortigen Gelehrtenfamilie, verließ Balch, wo er in höchstem Ansehen stand, weil der Sultan Muhammed Chârezm-Schah (1199–1220) Argwohn gegen ihn faßte, und trat mit seinen Jüngern die Pilgerfahrt nach Mekka an. Hierbei kam er auch über Nischapur, wo der große Ferîd-ed-dîn Attâr dem jungen Rûmî eine glänzende Zukunft vorausgesagt haben soll. Später wandte sich der Vater nach Konia, wo er, hochgeehrt von dem Seldschukkenfürsten Ala-ed-dîn (1213–1236), bis zu seinem Tode 1283 lehrte. Sein Sohn folgte ihm im Lehramte und übertraf bald an Ruf und Ruhm den Vater um das doppelte. Die positiven Wissenschaften aber befriedigten ihn nicht und er trat mit mehreren berühmten Scheichen der Sofis, wie Ssalâh-ed-dîn Zerkûbi und Hussâm-ed-dîn Tschelebi in Verbindung; auf Veranlassung des letzteren schrieb er das »Mesnewi«. Ein neues Leben aber ging für ihn auf, als Scheich Schems-ed-dîn Tebrizi nach Konia kam, angeblich ein Sohn des Fürsten der Assassinen, Chând 'Ala-ed-dîn und Rûmî ganz dem beschaulichen Leben zuführte. Der Dichter unterbrach seine Vorlesungen, zum Ärger des Volkes und seiner Schüler, die Tebrizi verwünschten und ihn zwangen, Konia zu verlassen. Rûmî holte ihn wieder zurück, doch um so heftiger brach der Zorn des Volkes aus und Tebrizi mußte zum zweitenmale sich trennen, diesmal auf zwei Jahre, die er in Syrien zubrachte. Während seiner Abwesenheit dichtete Mewlânâ die gewaltigsten und erhabensten Ghaselen seines Divans an den fernen Freund. Mewlânâ liegt samt seinem Vater, seinem Sohne, der in einem bekannten Gedichte, Weled-nameh, das Leben des Vaters und Großvaters verherrlicht hat, sowie seinem Lehrer Tebrizi in Konia begraben; ihre Grabstätten sind noch heute ein berühmter Gnaden- und Wallfahrtsort der Muselmänner, besonders der Mewlewis, der Mitglieder des berühmten Derwischordens, den Rûmî gestiftet hat, und für den er den mystischen Reigen erfand, von dem in seinem Divan zu lesen ist. Rûmî's »Mesnewi« ist nach dem »Schah-nameh« das im ganzen Orient berühmteste Gedicht, moralischen und ascetischen, allegorischen und mystischen Inhalts; Erzählungen und Koranlegenden, untermischt mit zahlreichen Lehren und tiefsinnigen Betrachtungen sind in ihm enthalten. Sein »Divan«, ohne Zweifel das gewaltigste Erzeugnis mystischer Poesie, »an das ein anderer Maßstab als an gewöhnliche lyrische Dichtungen zu legen ist,« »ist von den Ufern des Ganges bis zu jenen des Bosporus das Handbuch aller Sofis, das Gesetzbuch und Ritual aller Mystiker.«

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