Mohammed
Mohammed - Roman eines Propheten (Klabund)

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1917 n.Chr.

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Es wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Autor Historisches mit Märchen vermischt hat, so dass der Inhalt nicht authentisch ist. Er hilft aber das Verständnis der Zeit über Islam nachzuvollziehen.

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Erste Gläubige

Die ersten acht Gläubigen, die sich trotz aller Anfeindungen an Mohammed anschlössen, waren Ali, der Knabe; Zeid Ibn Haritha, der Freigelassene; Abu Bekr, der Gelehrte; Otham, der Mildtätige; Abd Errahman, der Gerechte; Zubeir, der Gütige; Saad, der Tapfere; Talha, der Schöne.

Als aber Talha sich zu Mohammed bekehrte, da raunten die Mädchen, die um ihn waren: »Wirst du uns nicht mehr lieben, schöner Talha?«

»Ich werde euch immer lieben«, sprach Talha und entzog sich den sanften Händen der braunen Ebra; aber sein Blick flog über sie hinweg zu den Bergen, und er hörte nur ihre Stimme. Ihre Schlankheit, so verführerisch, hatte sich ihm entfremdet.

Ebra höhnte: »Mohammed wird dich häßlich machen und dir Furchen ins Antlitz graben, darein er seine Weisheit sät. Kein Mädchen wird sich mehr in dich verlieben. Die Weisheit ist für alte Leute, Talha – was willst du mit ihr beginnen? Sie ist ein dürres greisenhaftes Weib mit hängenden Brüsten. Sieh die meinen, schöner Talha, wie sie wie zwei Berge von meiner Erde stehen. Komm und ruhe zwischen ihnen.«

Talhas Blick kam von den ewigen Bergen zurück, darauf er geruht, und er sprach:

»Ich brauche die Ruhe deines Leibes nicht, denn ich ruhte auf den Bergen der Ewigkeit. Die Wolke Wehmut beschattete mich. Der dunkle Strom floß zu meinen Füßen: darauf fuhr ein syrisches Boot, bewimpelt, Gesang ertönte der Gestorbenen, und es klang süß wie Vogelruf am Morgen.«

Laut auf lachte Ebra. Die Mädchen schlössen einen Reigen um Talha und zwitscherten:

Der schöne Talha

Entwöhnt sich der Mädchen,

Geht zu den Toten,

Schmeichelt den Toten.

Der schöne Talha

Geht auf die Berge,

Streichelt die Bäume,

Seufzet am Quell.

Der schöne Talha

Liebt eine Wolke,

Morgens und abends

Späht er nach ihr.

Doch sie entgleitet,

Doch sie entschwindet,

Trauriger Talha,

Fliege ihr nach!

Versunken in sich schritt Talha wie ein Solotänzer in einem Knabenhaus den Reigen. Lachend und lieblich lebendig folgten die ungezogenen Mädchen.

Mohammed sah in seinen acht Gläubigen eine besondere Bedeutung: ein wohlgeordnetes Sternbild. Den Glauben errang zuerst und am leichtesten: das Kind, der freieste Mensch. Sodann der Sklave, der seine Ketten kannte, als Freigelassener ihrer ledig wurde. Sodann der Strebende, Forschende, ernsthaft Gelehrte. Sodann der Mildtätige, der seines Reichtums freiwillig sich begab. Sodann der Richter, der nicht Recht, sondern Gerechtigkeit sprach. Sodann der Gütige, der durch Leiden zur Güte kam. Sodann der Tapfere, der, nachdem er tausend Feinde zu Boden geworfen, endlich sich selbst besiegte. Zuletzt der Schöne, der, Gottes Antlitz wie eine Fahne vor sich schwingend: durch Stolz und Überhebung dennoch am schwersten zu Gott gelangt. Oft erst muß ihn der Aussatz oder die Blattern zerfressen, daß er erkenne das Vergängliche des gemalten Gleichnisses.

»Das erste und das letzte Glied an meinem Ringe«, sprach Mohammed, »sind mir die liebsten. Sie binden den Ring und führen vom Anfang zum Ende: Ah', der Knabe, und Talha, der Schöne: sie sollen neben mir schreiten. Umschlungen mit ihnen will ich das Paradies suchen. Durch alle Himmel wollen wir rennen: ein seliges Dreigestirn, bis Gott im siebenten die letzte Binde von unsern Augen nimmt, und wir, nur leicht geblendet, das unverlöschliche Licht, die ewige Ampel enthüllen.«

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