Gedichte im Islam
Paradies

von Muhammad Schams ad-Din (Hafiz) aus seinen Ghaselen, übersetzt von Friedrich von Bodenstedt 1877

Lenk', frommer Eifrer, meinen Blick
nicht stets zum Paradiese auf;
Gott schloss mir, als er mich erschuf,
nicht jene Welt, nur diese auf.

Wer keine Saat für Gott gesä't,
Dem wächst im Gang der Sterblichkeit
Kein Körnlein aus dem Ackerfeld,
kein Blümlein aus der Wiese auf.

Ich kann auch fromm beim Weine sein,
und Christ und Moslem gilt mir gleich –
Du spreizest Dich in äuß'rer Zucht
als stolzer Glaubensriese auf:

Da Gott in meinem Erdenstaub
die Luft zu Wein und Liebe blies,
Hält mich Dein Dräu'n, o Sufi, nicht
im Weg, den ich er kiese, auf!

Kein Sufi kommt in's Himmelreich,
der seine Kutte nicht, wie ich,
Schon hier verpfändete für Wein,
der ihn zum Himmel wiese auf.

Denn keine Huri liebt den Mann,
der nicht der Schönheit Schleier hob
Auf Erden schon, - und liebelos
wiegt jene Welt nicht diese auf.

O Hafis! Bleibt Dir Gottes Huld,
so bebe nicht vor Höllenpein,
Und hoffend richte Deinen Blick
Getrost zum Paradiese auf.

 

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