Gedichte im Islam

Schön, mein Fürst

von Muhammad Schams ad-Din (Hafiz), übersetzt von Vinzenz Rosenzweig von Schwannau 1858-64

Schön, mein Fürst, kömmst du einhergeschritten:
Sterben will ich drum zu Füßen dir;
Schön bewegst du dich, mein holder Türke:
Sterben will vor deinem Wuchs ich hier.

»Wann«, so sprachst du, »willst du vor mir sterben?
Was bedeutet diese große Hast?«
Schön beschließest du, und sterben will ich
gern vor dem, was du beschlossen hast.

Trunken bin ich, bin getrennt und liebe;
doch der Schenkengötze zögert lang;
Dass vor seiner Hochgestalt ich sterbe,
komm' er her mit anmutvollem Gang.

Er, durch dessen Trennung ich erleide
lebenslanger Krankheit Missgeschick,
Seh' nur einmal her auf mich, und sterben
will ich dann vor seinem Schelmenblick.

»Die Rubinen meiner Lippen«, sprachst du,
»Schmerzen bald und heilen bald das Herz.«
Laß mich denn zuweilen vor der Heilung
und zuweilen sterben vor dem Schmerz.

Schön bewegst du dich; dich zu erschauen,
sei dem Bösen Blicke nie erlaubt!
Aber dir zu Füßen will ich sterben,
den Gedanken nähr ich stets im Haupt.

In der stillen Kammer deiner Liebe
findet für Hafis kein Plätzchen sich:
Laß denn du, der jeden Ort verschönert,
sterben mich an jedem Ort für dich!

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