Gedichte im Islam
Die Freude meines Herzens

von Ibn Hazm al-Andalusi aus dem Buch "Halsband der Taube", übersetzt von Max Weisweiler (1941)

Die Freude meines Herzens gilt dem, den ich mir erwählt,
Doch meines Mundes Lächeln ihm, dem ich nicht gern gesellt.
Die ekle Koloquinte trinkt gar mancher, wenn er krank,
Lässt reinen Honig unberührt, wie lieb ihm auch sein Trank.
Gewaltsam wende ich mich ab von dem, was mir gar wert,
Wenn gleich das Herz drum Traurigkeit und Mühsal hart beschwert.
Sahst du, dass einer suchend schon verborgne Perlen fand,
Der nicht hinuntertauchet in des Meeres Wogenbrand?
Ich kehre meine Seele ab von ihres Wesens Art,
Wenn sich auf andre Weise der Erfolg mir offenbart,
Gleichwie uns Gott für das Gesetz aus alter Heidenzeit
Das neue des Islams verlieh mit mehr Vollkommenheit.
In alles, was Er schuf, legt er die Art, die ihm entspricht -
Mein tiefstes Wesen aber ist die Wahrheit rein und licht -
Gleichwie des Wassers Ton gewinnt der Schale eignen Schein,
Obwohl des Wassers Farbe erst war wunderschön und rein.

Den Freund heg wie die Kräfte ich, die die Natur mir bot;
Auf ihnen ruht mein Leben, und für sie fürcht ich den Tod.

Mein Herz hat keiner noch betört mit freundlichem Gesicht,
Und meines Busens Regungen bestimmt das Fernsein nicht.
Bisweilen will ich innerlich vor einem Menschen fliehn;
Nach außen aber heiße ich als Freund willkommen ihn.
Hab ich des Krieges Feuer doch zum Himmel lodern sehn;
Sein Anfang war, als hieße es, zu einem Kampfspiel gehn.
Die Schlange schillert bunt, und schön ist ihrer Farbe Ton;
Doch unter ihrem bunten Kleid die gift'gen Zähne drohn.
Des Schwertes Musterung erscheint gar wunderbar dem Blick;
Allein wenn es geschwungen wird, birgt's tödliches Geschick.
Mich dünkt, dass die Erniedrigung der Seele jemand ehrt,
Wenn die Erniedrigung ihm schenkt, wonach sein Herz begehrt.
Wie oft geschieht's dass in den staub der Mensch sein Antlitz legt,
Auf dass er morgen wiederkommt geachtet und gehegt'
Denn Niedrigkeit, die Ehre bringt, taugt für den Jüngling mehr
Als Ehre, folgt das Reittier der Verachtung hinterher.
Wie manches Mal folgt Sättigung der Armut auf dem Fuß!
Und oft bringt Hungersnot zuletzt gar reichen Überfluss.
Wer sich noch nie erniedrigt hat, weiß nicht, was Ehre ist;
Wer keine Müdigkeit verspürt, die Ruhe nicht genießt.
Der ferne Wasserquell, den du nach heißem Durste findst,
Schmeckt süßer, als wenn sicher du gar reichen Trank gewinnst.

Von allem, was du schaust, stets eins das andre überragt,
Drum halte dich an Gutes nur, wenn Bessres dir versagt!
Mit trübem Quell begnüge dich, nur wer in die Not dich zwingt
Und auf der Erde weit und breit kein andrer Born dir winkt!
An salzgem Quell verschluckst du dich; drum sollst du ihm nicht nahn.
Viel besser und geziemender ist Durst dem freien Mann''

Nimm an, was sie dir willig schenkt, gib dich zufrieden dann
Und kümmre dich nicht um ein Weib, das man nicht rühren kann!
Sie fühlt sich nicht verpflichtet dir, und Hilfe leiht sie nie,
Ist Mutter nicht, noch Vater dir, hast du gewonnen sie.

Verzweifle nicht an dem, was du erringen kannst durch List,
Liegt sie gleich fern; dein Ziel auch weit und schwer erreichbar ist.
Glaub nicht der Finsternis! Zuletzt das Frührot doch ersteht.
Im Licht bleib dir bewusst, dass auch die Sonne untergeht!

Sei unnachgiebig, denn den Fels macht hohl des Wassers Strahl,
Wenn er ihn lange trifft und dann hinunterstürzt ins Tal!
Bemüh dich stets und lass nicht nach! Doch strebe sachte nur!
Denn feiner Regen ist wohl karg und dringt doch in die Flur.
Wenn einer Gift als Speise nimmt, er sich damit ernährt,
Und Speise ihm darauf ersteht, die sich gar wohl bewährt.

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