Gedichte im Islam
Die Geschichte von den Kichererbsen

von Dschalaleddin Rumi

Tötet mich, o meine Freunde,
denn in Tod nur ist mein Leben,

«Meine Barmherzigkeit geht meinem Zorn voraus» ist ein
außerkoranisches Gotteswort.
Sieh dir die Kichererbse an im Topfe,
wie hoch sie springt, sobald das Wasser kocht!
Die Kichererbse steigt zum Topfesrand,
wenn's Wasser braust, und schreit wohl hundertmal:
«Warum setzt du mich denn dem Feuer aus.
was hast du mich gekauft und umgedreht?»
Die Hausfrau nimmt die Kelle her: «O nein!
Du koch mal schön und spring vom Feuer nicht!
Ich lass dich kochen, nicht weil ich dich hasse,
nein, dass Geschmack du kriegst und gut bekommst,
damit du Speise wirst, mischst dich der Seele;
die Prüfung dient nicht zur Erniedrigung.
Du trankst im Garten Wasser, frisch und grün -
Das Wasser kam um dieses Feuers willen:
denn Gnade geht ja Seinem Zorn voraus. -
für die Geprüften wird es Gnade dann.»

Ja, Seine Gnade geht dem Zorn voran
dass du des Daseins Kapital gewinnst,
denn ohne Huld wächst Fleisch nicht oder Haut,
und sonst - was soll des Freundes Liebe schmelzen?"
So kommen daher für dich Zorneszeichen.
damit du aufgibst dieses Kapital!
So kommt die Huld entschuldigend von Ihm:
«Du mischst dich rein und steigst nun ans der Flut.»

Sie sprach: «Du weidetest im Frühling, Erbse -
jetzt ist der Schmerz dein Gast – behandl' ihn gut.
Damit der Gast dann dankbar dich verlasse
und vor dem König deine Großmut preise:
Dann kommt der Geber selbst anstatt der Gabe,
und alle Gnaden werden dich beneiden.
Ich: Abraham, - du bist mein Sohn vorm Messer!
Leg hin dein Haupt, «Ich sah, wie ich dich schlachte.»
Leg hin dein Haupt vorm Zorn, mit festem Herzen,
dass ich's abschneide dir, wie Ismail.
Ich schneid den Kopf dir ab, doch ist's der Kopf,
der frei vom Schneiden und vom Tode ist!
Urew'ger Gottesrat ist: dich ergeben.
O Muslim, du musst nach Ergebung streben!
So koch' in Heimsuchung, du Kichererbse,
bis dir kein Dasein und kein Ego bleibt!
Hast früher du im Garten viel gelacht -
jetzt bist die Rose du im Seelengarten.
Wenn du getrennt vom Hag aus Staub und Wasser,
wirst du zur Speise, gehst in das Lebendge.
Zur Speise werde nun, zu Kraft, zum Denken,
warst Milch du - werd' zum Löwen jetzt im Dschungel!
Du wuchsest ja aus Seinen Attributen -
eil' nun zurück in Seine Attribute!
Von Wolken, Sonne. Himmel kamst du her
wardst Attribute, kehrst zum Himmel hehr
du kämest in der Form von Wärme, Regen
und gehst nun in die Edlen Attribute
Du warst ein Teil von Sonne, Wolken. Sternen
du wurdest Seele, Tat und Wort und Lernen
Des Tieres Sein wuchs aus dem Tod der Pflanze-
so ist es recht: «O töte« mich, ihr Freunde!
Kann man sich so nach dem Schachmatt erheben,
ist es auch recht: «Im Tod nur liegt mein Leben.»
Denn Tat und Wort sind Speise für den Engel,
durch die er aufsteigt in den hohen Himmel,
und als der Bissen Menschen-Speise ward
Hell er das Mineralreich, wird beseelt –

Dies Thema wird an einem andern Ort
ausführlich noch erklärt mit weisem Wort!

Vom Himmel kommen Seelenkarawanen
ständig zu wirken und zurückzukehren.
So geht denn, süß und froh mit freiem Willen,
nicht bitter, wie ein Dieb, und widerwillig!
Ich sag'dir diese bittere Geschichte,
damit du dich von Bitterkeit befreist
Gefrorne Trauben werden frei vom Eise
wenn man in kaltes Wasser sie gelegt '
und ist dein Herz voll Blut von Bitterkeit
so bist du bald von Bitterkeit befreit
Ein edler Jagdhund ist's, der's Halsband trägt
und roh, geschmacklos ist der Ungekochte.

Die Erbse sprach: «Wenn dem so ist, o Dame,
will gern ich kochen - hilf mir auf dem Pfade!
Du baust als Architekt mich auf durch Kochen.
Schlag mit dem Löffel mich - schön ist dein Schlagen!
Ein Elefant ich - schlag mich auf den Kopf,
dass ich nicht mehr von Indiens Garten träume,
dass ich mich ganz dem Kochen überlasse,
den Weg zu finden zu des Freunds Umarmung.».
Der Mensch wird störrisch, wenn er unabhängig,
gefährlich wird der Elefant, der träumt,
denn wenn im Traume Indien er sieht
hört er nicht mehr auf seines Treibers Lied.

Die Dame sprach: «Wie du war früher ich -
ein Teil war ich von dieser Erdenwelt.
Als ich den feurigen Pokal getrunken
des Kampfs der Seele, ward ich angenehm.
Ein Weilchen kochte ich so in der Zeit,
ein Weilchen in dem Topf des Leibes auch.
Zweifaches Kochen gab mir Kraft der Sinne,
ich ward zum Geist und wurde so dein Lehrer.
Im Mineralstand pflegte ich zu sagen:
«Lauf, werde Wissen, geist'ge Qualitäten!»
Da ich nun Geist bin, lass mich nochmals kochen,
das Animalische zurück zu lassen!»

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de