Gedichte im Islam
Der Schmetterling und die Kerze

von Saadi aus dem "Fruchtgarten". aus dem Persischen übersetzt von Otto Hauser

Ich hört' eines Nachts, da ich Schlummer nicht fand,
Den Schmetterling sprechen, zur Kerze gewandt:
Ich liebe und brenne mit Recht, aber du,
Du weinest und brennest, wie kommt dir das zu?
Sie sagte: O Armer, der leidet wie ich,
Der Honig, mein süßer Geliebter, entwich.
Ach, wie eine Schirin mir ward er geraubt
Wie Ferhad, so flammt mir in Feuer das Haupt.
Sie sprach's, und von Tränen ein Strom floss zugleich
Im Schmerz ihr herab auf die Wange so bleich.
Du, Eitler, hast nimmer die Liebe erfasst;
Du flatterst nur immer umher ohne Rast.
Du fliehst, wenn die Flamme nur leicht dich versehrt,
Ich aber harr' aus, bis ich völlig verzehrt.
Das Feuer, am Flügelrand nur spürest du's;
Ich aber verbrenne vom Kopf bis zum Fuß.
Es war, dass ein Teil nur der Nacht erst entschwand,
Da löschte die Kerze die lieblichste Hand.
Sie sprach, wie der Rauch von dem Haupt ihr entfloh,
Die Liebe, mein Sohn, wenn sie stirbt, stirbt nur so.
Ja, willst du, was Liebe ist, richtig versteh'n:
Ihr Feuer darf erst mit dem Leben vergeh'n.

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